Stellungnahme zum Entwurf des Thüringer Gesetzes zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs (Drs. 8/2003)
von Peter Kießling
Die LIGA Thüringen hat zum Entwurf des Thüringer Gesetzes zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs (Drs. 8/2003) Stellung genommen. Nach unserer Einschätzung hat der Entwurf weitreichende Auswirkungen auf das Finanzierungssystem der Kindergärten. Wir verstehen das Ziel, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, sehen jedoch die Gefahr, dass dadurch Transparenz und Planungssicherheit für freie Träger verloren gehen.
Aus unserer Sicht sollten die Mittel für Kindergärten weiterhin zweckgebunden eingesetzt werden, um eine verlässliche Refinanzierung der Betriebskosten sicherzustellen. Zudem lehnen wir mehrere der vorgeschlagenen Änderungen am Thüringer Kindergartengesetz ab, darunter die Streichung einzelner Pauschalen, den Wegfall der Infrastrukturförderung sowie die fehlende Dynamisierung der Fachberatungszuschüsse.
Wir bedanken uns für die Möglichkeit zum Entwurf des Thüringer Gesetzes zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs (Drs. 8/2003) Stellung zu nehmen. Die LIGA ist ein wichtiger Partner im System der Kinderbetreuung und bei derartigen Gesetzesvorlagen immer zu beteiligen.
Nach Einschätzung der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen hat dieser Entwurf erhebliche Auswirkungen auf das Finanzierungssystem der Kindergärten. Wir verstehen das Ziel des Gesetzes, die Kommunale Selbstverwaltung zu stärken. Diese Regelungen dürfen aber nicht zulasten der Transparenz der Finanzierung für die freien Träger von Kindergärten gehen. Dieser weitreichende Entwurf kommt in einer Zeit drastischer Veränderungen für die Kindergartenlandschaft in Thüringen, die durch den stärksten Geburtenrückgang in Thüringen seit 1990 gekennzeichnet sind.
Die Verschiebung der bisherigen Pauschalen aus dem Einzelplan 04 des Haushaltsentwurfs des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (TMBWK) in die Schlüsselzuweisung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) kann aus Sicht der LIGA nur dann mitgetragen werden, wenn durch entsprechende gesetzliche Regelungen im Kindergartengesetz gesichert ist, das diese Mittel für den Betrieb der Kindergärten zweckgebunden eingesetzt werden müssen.
Paragraf 22 des Thüringer Kindergartengesetzes (ThürKigaG) definiert bereits jetzt Betriebskosten für Thüringer Kindergärten. Das TMBWK stellt für die Berechnung der durchschnittlichen Betriebskosten eines Platzes ein Formular zur Abrechnung zur Verfügung. Dieses Betriebskostenformular führt nach den Rückmeldungen unserer Träger in der Abrechnung mit Kommunen regelmäßig zu Auseinandersetzungen (z. B. Anerkennung von Kosten der Berufsgenossenschaft als Personalnebenkosten). Eine Konkretisierung dieses Abrechnungsformulars würde die freien Träger unterstützen, die angemessenen Betriebskosten ihrer Kindergärten anerkannt und refinanziert zu bekommen. In der Anlage finden Sie ein von der LIGA überarbeitetes Formular (Änderungen zum Original markiert) mit aus unserer Sicht dringend notwendigen Konkretisierungen.
Unsere Sorge nach fehlender Transparenz durch die Zuordnung der Mittel aus dem Kindergartengesetz in den KFA und die damit verbundene fehlende Sicherheit in der Refinanzierung der angemessenen Betriebskosten kann nach unserer Einschätzung durch dieses geänderte Formular aufgefangen werden.
Zu einigen Änderungen des Artikels II des Gesetzentwurfs möchten wir gezielt Stellung nehmen:
ThürKigaG § 25 Absatz 1 Nr. 1 (bis 31.12.2025)
Der Wegfall der Pauschale für Kinder unter einem Jahr wird in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen und wird deshalb von der LIGA abgelehnt. In den vergangenen Jahren waren nur wenige Kinder dieser Altersgruppe in einer Kindertageseinrichtung. Der Verwaltungsaufwand für diese zweckgebundene Pauschale ist daher gering einzuschätzen. Im Einzelfall wird diese aber zu einer hohen Belastung der betreffenden Kommune führen, um den Regelungen des SGB VIII § 24 Absatz 1 nachzukommen. Die Begründung, dass das Elterngeld für diese Zielgruppe bereits einer öffentlichen Förderung entspricht, kompensiert nicht die Notwendigkeit der Betreuung ihrer Kinder, um Schule, Studium oder Erwerbstätigkeit der Eltern zu ermöglichen.
Die Haushalts- und Bedarfsplanung für das Jahr 2026 ist bereits abgeschlossen und unter der Voraussetzung der bisherigen Förderung mit den Kommunen vereinbart.
ThürKigaG § 25 Absatz 2 (bis 31.12.2025)
Die Streichung der Pauschale für belegte Hortplätze mit der Begründung des Vorrangs der Schulhorte wird ebenfalls von der LIGA abgelehnt. Mit dieser Regelung werden das Wunsch- und Wahlrecht und die Vielfalt von Angeboten für Eltern stark eingeschränkt und damit das Subsidiaritätsprinzip unterlaufen.
Die Haushalts- und Bedarfsplanung für das Jahr 2026 ist bereits abgeschlossen und unter der Voraussetzung der bisherigen Förderung mit den Kommunen vereinbart.
ThürKigaG § 25 Absatz 1 Nr. 3; 4; 5 (bis 31.12.2025)
Die Zusammenfassung dieser Pauschalen ergab bisher, abhängig von der Anzahl im jeweiligen Jahrgang, eine runde Gesamtförderung von 587 € pro Kind. In der vorliegenden Regelung beträgt diese Pauschale noch 352 €. Die LIGA kann nicht nachvollziehen, warum dieser Zuschuss so stark gesunken ist.
ThürKigaG § 25 Absatz 3 (bis 31.12.2025)
Die Streichung des Absatzes wird ebenfalls von der LIGA abgelehnt. Kindergärten mit mehr als 100 Kindern benötigen einen höheren Leitungsanteil. Dieser Anteil ist im ThürKigaG unter § 17 Absatz 3 weiterhin geregelt. Durch die Pauschale werden Kommunen mit großen Einrichtungen benachteiligt.
ThürKigaG § 26 Absatz 2
Grundsätzlich begrüßt die LIGA eine schon lange notwendige Erhöhung des Landeszuschusses für die Finanzierung der Fachberatung in Kindertageseinrichtungen. Die Erhöhung des Zuschusses für Fachberatung von 30 € auf 41 € pro Kind entspricht einer Erhöhung um 36,3 %. Das ist nahezu der gleiche Prozentsatz des Geburtenrückgangs von 2016 bis 2024 in Thüringen (36 %). Die Erhöhung gleicht also lediglich diese Differenz aus, berücksichtigt aber nicht die Tariferhöhungen der vergangenen Jahre. Jede Tarifsteigerung hat bisher für die Fachberatungen der freien Träger eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit und damit der möglichen Beratungszeit für die Kindergärten zur Folge. 2025 und die folgenden Jahre wird die Kinderzahl weiter sinken und hätte eine weitere Abschmelzung des Zuschusses zur Folge. Es fehlt eine Dynamisierung.
Ein “Moratorium” des Landesjugendhilfeausschusses (Beschluss 14/2025 “Qualität in Thüringer Kindergärten braucht Fachberatung”) empfiehlt das Einfrieren des Zuschusses zum Stichtag 31.12.2023. Die LIGA empfiehlt, das Moratorium umzusetzen und die Finanzierungssystematik für die Fachberatung (Kopplung an die Kinderzahlen) weiterzuentwickeln.
ThürKigaG § 28 i.V.m. § 22
Mit der Gesetzesänderung des ThürKigaG im Juni 2024 wurde die Grundlage zur Finanzierung des zu absolvierenden Berufspraktikums in der Fachrichtung Sozialpädagogik oder Heilerziehungspflege nach der Thüringer Fachschulordnung für den Fachbereich Sozialwesen neu geregelt. Das Land zahlt durch diese Regelung nicht mehr antragsgebunden, sondern finanziert 15,00 € pro Kind im Monat, gebunden an eine andere Pauschale, an alle Kommunen.
Diese Neuregelung führt in der Zusammenarbeit von Trägern und Kommunen zu zahlreichen Fragen, Konflikten und Schwierigkeiten in der Umsetzung. Es ist deshalb aus Sicht der LIGA dringend notwendig, die Finanzierung wieder auf die alte bewährte Praxis umzustellen und damit der Finanzierungslogik der Praxisintegrierten Ausbildung nach § 28 anzupassen.
ThürKigaG § 31 (bis 31.12.2025)
Mit der Streichung der Infrastrukturpauschale und der Überführung in die kommunale Investitionspauschale des KFA fehlt den freien Trägern die Transparenz über diese Finanzierung. Die fehlende Zweckbindung kann dazu führen, dass diese Mittel nicht mehr vorrangig für den Bereich der Kindergärten genutzt werden. Deshalb lehnt die LIGA diese Streichung ab.