Stellungnahme zum Entwurf der „Projektförderrichtlinie Integration und migrationsspezifische Sozialberatung“ des TMJMV
von Peter Kießling
Die LIGA Thüringen begrüßt die geplante Projektförderrichtlinie „Integration und migrationsspezifische Sozialberatung“ und insbesondere deren fünfjährige Laufzeit als wichtigen Schritt für Planungssicherheit und Qualität in der Integrationsarbeit. Gleichzeitig machen wir auf zentrale Punkte aufmerksam, die für eine verlässliche Umsetzung entscheidend sind: eine bedarfsgerechte Finanzierung, klare Kriterien für Auswahlverfahren und Förderquoten, transparente Mittelverteilung sowie eine Übergangsphase zur Einführung der neuen Strukturen. Ziel ist eine dauerhaft wirksame, gerechte und planbare Integrationsförderung in Thüringen.
Allgemeine Anmerkungen
Laufzeit
Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege begrüßt ausdrücklich die vorgesehene Laufzeit der geplanten Richtlinie von fünf Jahren. Sie schafft für die Zuwendungsempfänger eine verlässliche Grundlage zur mittel- und langfristigen Planung und trägt durch stabile Förderbedingungen maßgeblich zur Qualitätssicherung der Integrationsarbeit bei.
Finanzierung
Als übergeordnetes Ziel der geplanten Richtlinie beschreibt das Eckpunktepapier die Verbesserung von Rahmenbedingungen für die chancengleiche Teilhabe von Menschen mit Migrationsbiografie am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben. Damit die angestrebte wirkungsorientierte Integrationslandschaft tatsächlich flächendeckend aufgebaut und nachhaltig gesichert werden kann, ist eine verlässliche und an den tatsächlichen Bedarfen und Kosten ausgerichtete Finanzierung unverzichtbar.
Aufstellung der Integrationsförderung in drei Programmsäulen
Transparenz und Verwaltungsvereinfachung
Das Eckpunktepapier beschreibt drei Programmsäulen innerhalb der geplanten Richtlinie. Das Land verfolgt mit der Zusammenlegung der Richtlinie zur Förderung der sozialen Beratung und Betreuung von anerkannten Flüchtlingen in Thüringen (Sozialberatungsrichtlinie) und der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung der Integration von Menschen mit Migrationsbiografie (Projektförderrichtlinie Integration) mehr Transparenz und Verwaltungsvereinfachung.
So sollen die bestehenden Mittel zwischen den Programmsäulen übertragbar sein. Die Möglichkeit, nicht abgerufene Mittel zwischen den Programmsäulen umzuschichten, kann jedoch zu Intransparenz und Planungsunsicherheit führen, da Unklarheit über das bestehende Fördervolumen in den einzelnen Programmsäulen besteht. Deshalb regt die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege ein transparentes und klar strukturiertes Verfahren mit Stichtagen an, welches Mittelverschiebungen und dadurch vakant werdende Mittel für alle Beteiligten nachvollziehbar macht sowie den antragstellenden Trägern einen zeitlichen Vorlauf und damit Planbarkeit ermöglicht.
Verteilung des Fördervolumens
Das Eckpunktepapier trifft in seiner jetzigen Form keine Aussagen zur Verteilung des Gesamtfördervolumens auf die drei Programmsäulen. Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege regt an, diese in der geplanten Richtlinie zu verankern. Um regionale als auch überregionale Angebote zu sichern, sollte die Verteilung für alle drei Fördersäulen einzeln erfolgen und auf eine Zusammenfassung von Fördersäule 2 und 3 verzichtet werden.
Auch zu den Förderquoten in den jeweiligen Programmsäulen wurden bisher keine Aussagen getroffen. Hierzu schlägt die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege für die Programmsäule 1 und 2 eine Anteilsfinanzierung in Höhe von mindestens 80 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben vor. Für die Programmsäule 3 sollte die Anteilsfinanzierung höher bemessen sein, da der Eigenanteil vollumfänglich von den Trägern der Projekte getragen werden muss und die Landkreise und kreisfreien Städte als Zuwendungsempfänger ausgeschlossen sind.
Auswahl- und Antragsverfahren
Für eine verlässliche mittel- und langfristige Planung der Gebietskörperschaften und Träger ist es erforderlich, das Vergabe- und Antragsverfahren frühzeitig eindeutig festzulegen und flächendeckend zu kommunizieren. Nur so können Bewilligungen rechtzeitig zum Jahresbeginn erfolgen und Verzögerungen vermieden werden.
Darüber hinaus sollte Trägern die Möglichkeit eingeräumt werden, mehrere Projektvorhaben zu beantragen – sowohl in unterschiedlichen Programmsäulen als auch innerhalb einer einzelnen Programmsäule.
Schaffung einer Übergangsphase
Das Eckpunktepapier für die Programmsäule 2 sieht ein neues Auswahl- und Vergabeverfahren vor, welches mit den Kommunen neue Akteurinnen in den Prozess einbindet. Dies erfordert umfangreiche Neuregelungen zu Abläufen, Abstimmungen und Zuständigkeiten innerhalb der Gebietskörperschaften. Da dies sehr kurzfristig umgesetzt werden soll, besteht das große Risiko erheblicher Verzögerungen bei der Bescheidung der beantragten Projekte.
Es ist zwingend erforderlich, einen reibungslosen Übergang zur neuen Projektförderrichtlinie zu gewährleisten und Förderlücken zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund muss das Jahr 2026 aus Sicht der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege als Übergangsphase genutzt werden. Hierfür wird vorgeschlagen, dass die in 2025 auslaufende Projektförderrichtlinie für den begrenzten Zeitraum von einem Jahr in der bisherigen Form neu gefasst wird und die Sozialberatungsrichtlinie für denselben Zeitraum in angepasster Form bis zum regulären Ende ihrer Laufzeit 2026 fortgeführt wird. Diese Übergangsregelung würde die notwendige Zeit schaffen, um das neue Vergabe- und Auswahlverfahren sowie die Abstimmungsprozesse zwischen dem TMJMV, dem Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA), den Gebietskörperschaften und den antragstellenden beziehungsweise umsetzenden Trägern in einer angemessenen Zeit zu klären und vorzubereiten.
Anmerkungen zu Programmsäule 1
Nicht abgerufene Mittel sollten bis zu einem festgelegten Stichtag gemeldet werden, um den zielgerichteten und zeitnahen Einsatz von Rücklaufmitteln zu ermöglichen.
Anmerkungen zu Programmsäule 2
Aus dem Eckpunktepapier geht hervor, dass die Landkreise und kreisfreien Städte künftig eine Auswahl und Priorisierung der Projektanträge vornehmen: „Projektvorhaben, die vom Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel priorisiert wurden, können durch das TLVwA entsprechend bewilligt werden.“ Diesbezüglich schlägt die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege eine klare Festlegung von objektiven Auswahlkriterien in der geplanten Richtlinie vor. Zudem sollte in der Richtlinie verbindlich festgelegt werden, dass kommunale Gremien sowie die Sozialplanung in das Auswahlverfahren einbezogen werden. Dadurch wird Transparenz gewährleistet und sichergestellt, dass die Projektvorhaben in die bestehende soziale Infrastruktur eingebettet sind.
Unklar bleibt bislang, wie die Voten der Landkreise und kreisfreien Städte gegenüber den Entscheidungen des TMJMV und des TLVwA zu bewerten sind. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob deren Zustimmung Voraussetzung für eine Förderung ist oder ob das TMJMV im Einzelfall auch ohne diese Zustimmung entscheiden kann.
Die Programmziele der Programmsäule 2 entsprechen bzw. ähneln den Programmzielen des Landesprogramms Arbeit für Thüringen, welches aktuell überarbeitet wird. Hier sollte darauf geachtet werden, dass sich die Richtlinien klar voneinander abgrenzen.
Anmerkungen zu Programmsäule 3
Die Programmsäule 3 umfasst die Förderung überregionaler, thüringenweiter und länderübergreifender Integrationsangebote für Menschen mit Migrationsbiografie. Da das Eckpunktepapier hierzu keine Abgrenzungskriterien benennt, sollte die künftige Richtlinie klare Kriterien formulieren, um überregionale Projekte eindeutig von regionalen Vorhaben zu unterscheiden.
Positiv ist zu bewerten, dass die Thüringer Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge in die Auswertung der Projektanträge einbezogen wird.
Abschlussbemerkungen
Ein Verfahren und eine Verortung von Bundesprogrammen und EU Projekten ist in der vorliegenden Richtlinie nicht ersichtlich. Wir regen daher an, diese verbindlich in die Richtlinie aufzunehmen, sodass Kofinanzierungen für diese strukturerhaltenden Programme gesichert sind und auch künftig im Landeshaushalt verankert werden.
Aus Sicht der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege ist es unerlässlich, dass die Kriterien zur Projektbewertung – in allen Fördersäulen – verbindlich in der Richtlinie verankert werden. Diese Kriterien sollten sich an einer nachhaltigen und wirkungsorientierten Integrationsarbeit orientieren und dabei insbesondere die Sicherung strukturerhaltender Maßnahmen sowie die Bedeutung langjähriger, erfahrener Träger als verlässliche Partner der Integrationsarbeit berücksichtigen.