13.700 Beratungen in 2023: Ungebrochene Nachfrage nach Schuldnerberatung in Thüringen
von Peter Kießling
LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen sieht sich in Kritik an hohen Hürden für Thüringer Härtefallfonds zur Bewältigung der Energiekrise bestätigt
13.700 Menschen in schwieriger finanzieller Situation haben in 2023 in den mehr als 30 Beratungsstellen der sozialen Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung Thüringens Hilfe und Unterstützung erhalten. Das ist das Ergebnis der Auswertung der vom Statistischen Bundesamt durchgeführten Basisstatistik zur Überschuldung privater Personen für Thüringen.
In etwas mehr als der Hälfte der Beratungsfälle führten kritische Lebensereignisse, die jedem widerfahren können, in die Überschuldung. Hierzu gehören insbesondere Arbeitslosigkeit (17,4%), Erkrankung/Sucht/Unfall (19,2%) sowie Trennung/Scheidung/Tod des Partners (14,2%), die eine beherrschbare Verschuldung in eine Überschuldung umschlagen ließen. Überschuldete Menschen, die sich in Beratung befinden, haben in Thüringen monatlich im Schnitt 1.244 EUR zur Verfügung. Diese Zahlen entsprechen in etwa dem bundesweiten Durchschnitt.
Sichtbare Unterschiede zu den durchschnittlichen Werten der anderen Bundesländer gibt es dagegen bei der Häufung von Verbindlichkeiten bei Vermietern (30,5% der Beratungsfälle, 10,6 über Durchschnitt) und bei Energieunternehmen (34,7% der Beratungsfälle, 8,1% über Durchschnitt). Gerade bei den Energieschulden überrascht das im Hinblick auf den 2023 gestarteten Thüringer Härtefallfonds zur Bewältigung der Energiekrise für private Haushalte. Dessen Anforderungen für eine Inanspruchnahme waren aber schon 2023 derart hoch, dass nur wenige Thüringer Haushalte von dem Fonds partizipieren konnten. Schlussfolgerungen wurden nicht gezogen. In 2024 konnten deshalb noch weniger Menschen Fondsmittel abrufen, nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes waren es im laufenden Jahr gerade einmal noch 16.350 EUR nach 86.700 EUR im Jahr 2023. So wurden Regelungen an den Bedürfnissen der Menschen vorbei getroffen.
3.756 Beratungsfälle haben die Thüringer Beratungsstellen in 2023 beendet. In 19,1% der beendeten Beratungsfälle konnte eine außergerichtliche Regulierung der Schulden erreicht werden. In 31,3 % der abgeschlossenen Fälle strebten die Ratsuchenden eine Entschuldung nach den Vorschriften der Insolvenzordnung an.
Die Zahl der überschuldeten Thüringerinnen und Thüringer übersteigt die 13.700 Beratungsfälle aber bei Weitem. Nach aktuellen Hochrechnungen gelten derzeit ca. 150.000 volljährige Thüringer*innen als überschuldet. Die in den Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen beratenen Menschen stellen also nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges dar.