Erfahrungsaustausch aller Thüringer Anwender der entbürokratisierten Pflegedokumentation am 27.08. und 28.08.2018 im AWOSANO Ferienzentrum in Oberhof
von Peter Kießling
Bürokratieabbau in Thüringen kommt bei den Pflegebedürftigen an
Vor vier Jahren wurde bundesweit das Strukturmodell eingeführt, mit dem die Dokumentation in der Pflege verschlankt werden sollte. Überflüssige und Doppeldokumentationen können entfallen, um mehr Zeit für die Arbeit am Menschen zu gewinnen. Fast die Hälfte aller ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen in Thüringen setzen dieses neue fachliche Konzept bereits jetzt erfolgreich um. Mit mehr als 250 Fachleuten aus der Praxis wurde an zwei Tagen in Oberhof Bilanz gezogen und offene Fragen geklärt. Veranstaltet wurde die Fachkonferenz vom Thüringer Landespflegeausschuss, in dem Vertreterinnen und Vertreter von Einrichtungen, Politik und Prüfbehörden sitzen.
„Entbürokratisierung bedeutet zunächst Arbeit“, beschreibt Elisabeth Beikirch den Prozess der Einführung des Dokumentationssystems – „Strukturmodell“. Die Pflegeexpertin war mitverantwortlich für die bundesweite Einführung und ist Mitglied des entsprechenden Lenkungsgremiums auf Bundesebene. Sie lobt die enge Zusammenarbeit von privaten und gemeinnützigen Verbänden, Prüfinstanzen der Kranken- und Pflegekassen und politisch Verantwortlichen in Thüringen, die im entsprechenden Ausschuss beim Sozialministerium an der Umsetzung arbeiten.
In Vorträgen und Workshops hatten die Praktikerinnen und Praktiker vor Ort die Möglichkeit, ihre Fragen und die Herausforderungen zu formulieren, mit denen sie im Alltag zu tun haben. Vor allem durch neue Gesetzlichkeiten entwickeln sich die Anforderungen weiter. Insgesamt wurde bestätigt, dass es gelungen ist, mehr Zeit für die pflegedürftigen Menschen zu gewinnen und die eigene Fachlichkeit zu stärken, auch wenn der Prozess einer schlanken Dokumentation eine Daueraufgabe bleibt.
Sabine Spittel, Pflegexpertin der AWO und Vorsitzende des Thüringer Ausschusses „Entbürokratisierung in der Pflege“ beschreibt die weiteren Zukunftsfragen: „Pflegekräfte befinden sich immer in dem Dilemma zwischen Dokumentationspflichten und Arbeit am Menschen. Im Prinzip wollen alle, dass möglichst viel Zeit mit den Pflegebedürftigen verbracht wird. Gleichzeitig erfordert qualitätsorientierte Arbeit auch eine zielgerichtete fachliche Dokumentation.
Einig waren sich alle Beteiligten, dass den Trägern von Pflegeeinrichtungen, den Prüfinstanzen, den Aus- und Fortbildungsstätten und den Verbänden auf Bundes- und Landesebene, eine große Verantwortung zukommt. Dies gilt für die praxisnahe Unterstützung auf allen Ebenen, der Entlastung des beruflichen Alltags von Pflegenden und für die Verstetigung des Dialogs mit den Prüfinstanzen gleichermaßen.
„Dreh- und Angelpunkt bleibt die Haltung der Pflegekräfte, eine menschenwürdige Pflege zu ermöglichen. Die verschlankte Dokumentation erleichtert uns die Arbeit. Es wäre wünschenswert, wenn noch mehr Einrichtungen mit dem Modell arbeiten. Die größte Herausforderung der kommenden Jahre bleibt der Nachwuchs an qualifizierten Fachkräften“, bilanziert Sabine Spittel.