Dokumentation: Fachtag Berufsorientierung SOZIAL – Labsal statt Schülerqual !? vom 19.09.2017

Proaktiv Nachwuchs für die sozialen und pflegerischen Arbeitsfelder zu gewinnen ist das Schlüsselthema für die Einrichtungen und Dienste in der Sozialwirtschaft im Rahmen der Zukunftssicherung.

Schüler clever und spannend in die Themen einzuführen und für Ausbildung und Studium mit sozialem bzw. pflegerischem Schwerpunkt zu interessieren, übernimmt die praxisnahe Berufsorientierung. Hier braucht es die gelingende verstetigte Zusammenarbeit mit den Schulen und Elternhäusern sowie aktive Partner in den Einrichtungen die methodisch spannend agieren.

Dem Thema der praxisnahen Berufsorientierung widmete sich die LIGA Thüringen in Zusammenarbeit mit der Jugendberufshilfe Thüringen im Rahmen eines Fachtags. Hierzu kamen Eltern, Auszubildende, Lehrer*innen und Trägervertreter*innen zu Wort. Sie berichteten aus ihrer Perspektive, wie Sie die o.g. Themen wahrnehmen. Es wurde schnell deutlich, dass in allen Bereichen der Berufsorientierung Handlungsbedarf besteht. So fehlen Praktikumsangebote für Schüler*innen in der Sozialwirtschaft, Eltern sind nicht ausreichend über die Möglichkeiten ihrer Kinder informiert und Vernetzungsstrukturen zwischen Schulen und Trägern sind in den wenigsten Regionen fest verankert.

Die unterschiedlichen Perspektiven auf die Berufswahl waren auch Thema des Vortrags von Prof. Dr. Bärbel Kracke. Prof. Dr. Kracke ist Direktorin des Instituts für Erziehungswissenschaft an der FSU Jena. Sie forscht anwendungsbezogen zu den Themen Berufswahlentscheidung und Berufsorientierung und hat das Thüringer Berufsorientierungsmodell (ThüBOM) mitentwickelt. In ihrem Vortrag ging Sie u.a. darauf ein, was Berufswahlkompetenz meint und wie sie gefördert werden kann. Ebenso veranschaulichte der Vortrag, welchen hohen Einfluss das Elternhaus im Berufsorientierungsprozess hat, welche Rolle hierbei aber auch die Medien und die Institutionen wie Kita, Schule, Vereine usw. spielen. Eine zentrale Botschaft von Prof. Dr. Kracke war, dass in dem gesamten Prozess eine systematische Unterstützung bei der Berufsorientierung von allen Beteiligten angeboten werden muss.

 

Dies wurde gleichermaßen von Melanie Rose, Projekt Praxisnahe Berufsorientierung (Verein Prof. Herman A. Krüger e.V.) unterstrichen. In ihrem Vortrag ging Frau Rose u.a. auf das Kompetenzmodell des ThüBOM ein.

Workshops

Am frühen Nachmittag wurden dann in vier Workshops verschiedene Facetten in der Berufsorientierung näher beleuchtet. Die Fotos der Pinnwände aus den Workshop können Sie unter der jeweiligen Workshopbeschreibung herunterladen.

 

WS 1: Vernünftige Praktika sind wichtig im Entscheidungsprozess!

In diesem Workshop lag der Schwerpunkt auf den Praktika und deren Stellenwert in der Berufsorientierung und -findung. Themen waren u.a. die Erörterung rechtlicher Rahmenbedingungen von Praktika (Vertragsgestaltung, Vergütung usw.), die Willkommenskultur in den Einrichtungen, die Definition von Praktika (Abgrenzungsfragen) und Festlegung auf Schülerbetriebspraktika.

Die zentralen Botschaften aus Workshop 1:

Zur Umsetzung von „vernünftigen“ Praktika braucht es…

… eine gute Vorbereitung und Planung der Einrichtung.

… eine gute Kommunikation zwischen allen Akteuren (Schule, Schüler*in, Einrichtung), auch zur Klärung der gegenseitigen Erwartungen.

… eine gelebte Willkommenskultur in der Einrichtung.

 

WS 2: Der Einfluss der Eltern im Berufswahlprozess ist hoch! – Welche guten Formen der Arbeit mit Eltern lassen sich finden?

Was heißt es, sich für einen Beruf zu interessieren, sich für einen zu entscheiden? Wie können Kinder und Jugendliche hierbei von den Eltern unterstützt werden? Das waren die Kernfragen im Workshop 2.

Eltern müssen ihre Kinder auf die Berufswahl vorbereiten und sie begleiten. Sie haben einen starken Einfluss darauf, die Berufswahlkompetenz ihrer Kinder zu stärken. Dabei spielt die Motivation und die soziale Anerkennung eine wichtige Rolle. Eltern sollen sich aktiv in den BO-Prozess ihres Kindes einbringen, z.B. an BO-Tagen teilnehmen oder sie bei der Suche nach einem Praktikum sinnvoll unterstützen. Es ist wichtig das Schulen und Eltern im BO-Prozess eng zusammenarbeiten. Eltern können ihre Kinder dabei unterstützen selbstständiger zu werden und sich auch selbst über verschiedene Berufe informieren.

Eine interessante Auffälligkeit ist, dass zwischen ländlichem und städtischem Raum eine starke Differenzierung zu erkennen ist, die bei allen Akteuren berücksichtigt werden muss.

Die zentralen Botschaften aus Workshop 2:

  • Eine bessere Vernetzung (zwischen Schule, Elternhaus und Einrichtungen) ist notwendig.
  • Eine intensivere Imagearbeit mit Eltern als Zielgruppe ist notwendig (hinsichtlich Verdienstmöglichkeiten, Tätigkeitsfeld und Karrierewegen).
  • Entscheiden ist ebenso eine realistische Einschätzung der Eltern über ihre Kinder.

 

WS 3: Wie präsentiert sich meine Einrichtung im kommunalen Kontext/Gemeinwesen – welche Strahlkraft hat sie für junge Leute?

Was macht die Einrichtung aus Sicht der Jugendlichen attraktiv? Dies war die Grundsatzfrage des dritten Workshops.

Die Attraktivität nach außen muss ein zentrales Ziel einer Einrichtung sein, welches fest in der Personal- und Organisationsentwicklung verankert sein sollte. Im Rahmen des Workshops wurden konkrete Methoden diskutiert, wie ein positives Image und die notwendige Transparenz für ein Unternehmen aufgebaut werden kann.

Die zentralen Botschaften aus Workshop 3:

  • Transparenz und gute Wirkung der Einrichtung auf das Gemeinwesen ist zu sichern.
  • Die Attraktivität der Einrichtung ist als Querschnittsziel der Personal- und Organisationsentwicklung zu begreifen.
  • Alleinstellungsmerkmal(e) einer Einrichtung sind zu verdeutlichen.

 

WS 4: Wie kann man soziale und pflegerische Berufe interessant vorstellen und sie tatsächlich erlebbar machen?

Was macht die Berufsbilder interessant und wie kann man diese anschaulich vermitteln? Das waren die beiden zentralen Fragestellungen, denen im Workshop 4 nachgegangen wurde.

Die zentralen Botschaften aus Workshop 4:

  • Praxisnahe Berufsvermittlung ist notwendig.
  • Vernetzung zwischen allen beteiligten Akteuren muss stets mitgedacht werden.
  • Imageaufwertung via Imagefilme, Kampagnen, Aktionstage

 

Der Fachtag Berufsorientierung SOZIAL – Labsal statt Schülerqual !? hat uns, den Vertreter*innen der LIGA Thüringen, viele Aspekte für die weitere Bearbeitung des Themas aufgezeigt. In die entsprechenden Arbeitszusammenhänge, vor allem in die LIGA Steuerungsgruppe Fachkräfteentwicklung, werden entsprechend folgende Schwerpunkte zur Weiterarbeit aufgegriffen:

  1. An der Imageaufwertung der Pflegeberufe (insgesamt der Sozialberufe) muss weiter gearbeitet werden (Alleinstellungsmerkmale der Branche herausstellen).
  2. Möglichkeiten für bessere Vernetzung zwischen allen beteiligten Akteuren müssen geschaffen werden (Eltern, Schule und Einrichtung). Methoden und Unterstützungsmöglichkeiten sind zu erarbeiten.
  3. Der Einfluss der Eltern auf die Berufswahl muss effektiver genutzt werden (Eltern gezielt über Karriere- und Verdienstmöglichkeiten in der Sozialwirtschaft aufklären, neue Wege der Ansprache finden).

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