PM Achterbahnfahrt bei Insolvenzzahlen lenkt von zunehmendem Überschuldungsrisiko ab

Erfurt, 22.02.2022 | Die Zahl der in Thüringen beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren ist im Jahr 2021 deutlich gestiegen. Wie das Thüringer Landesamt für Statistik am vorigen Donnerstag mitteilte, wurde im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von rund 73% auf insgesamt 1.701 Verbraucherinsolvenzverfahren verzeichnet. Rechnet man auch die Verbraucherinsolvenz-verfahren von ehemals Selbständigen hinzu, beträgt die Zahl sogar 1.888 Verfahren. Das Landesamt begründet den Zuwachs hauptsächlich mit der Ende 2020 in Kraft getretenen Verkürzung der Verfahrensdauer von sechs auf drei Jahre. In der Folge hätten Verbraucher zunächst die Gesetzesänderung abgewartet und ihre Anträge dann ab 2021 nachgeholt.

Die Aussagekraft der Insolvenzzahlen bleibt aber eingeschränkt. Es kann nicht beziffert werden, inwiefern sich Auswirkungen der Pandemie, die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und die generelle Überschuldungssituation in den Zahlen niederschlagen. Unklar ist daher, welche Entwicklung die Zahl der Entscheidungen in Verbraucherinsolvenzverfahren in 2022 nehmen wird.

Klar ist jedoch, dass das Überschuldungsrisiko für viele Menschen durch die anhaltend hohe Inflation steigt. Die Verbraucherpreise für Energie etwa stiegen laut Statistischem Bundesamt zuletzt um rund 20%. Hinzu kommen weiter anziehende Preise für Lebensmittel und Kraftstoffe. Haushalte mit geringem Einkommen sind davon besonders betroffen, da sich lebensnotwendige Ausgaben für Strom, Heizung, Lebensmittel und – bei den auf den PKW angewiesenen berufstätigen Pendlern - für Benzin und Diesel nicht vermeiden lassen. Gerade bei diesen Menschen machen diese Ausgaben einen erheblichen Teil des Haushaltsbudgets aus, Einsparpotenziale sind selten und Ersparnisse noch seltener vorhanden.

Der Bedarf an sozialer Schuldnerberatung wird auch in Zukunft ungebrochen hoch sein. Nach wie vor sind ca. 170.000 Thüringerinnen und Thüringer nicht in der Lage, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen, ohne dabei lebensnotwendige Ausgaben für Lebensmittel, Strom und Miete zu vernachlässigen.

 

Kontakt für Nachfragen:

LIGA-Fachberatungsstelle für Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen und Schuldenprävention im Freistaat Thüringen

Olaf Gelbhaar (0361-744 38 122)
Anja Draber (0361-744 38 120)
Sebastian Rothe (0361-744 38 121)

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