Soziale Infrastruktur wegen Inflation und steigenden Energiepreisen massiv unter Druck

Auch die Dienstleistungen der Sozialwirtschaft, vom Kindergarten bis zum Pflegeheim, sind von den Auswirkungen der Inflation und der Energiekrise betroffen. Dies in besonderem Maße, da gemeinnützige Organisationen nicht ohne Weiteres Mehreinnahmen generieren können. Eventuell vorhandene „Reserven“ sind aufgrund der Finanzierung unserer Einrichtungen zweckgebunden und können nicht zum Ausgleich der Mehrkosten verwendet werden.
Diese Kosten stellen die Sozialwirtschaft und somit die soziale Infrastruktur in Thüringen vor existenzielle Probleme. Ob alle Leistungen weiter in vollem Umfang angeboten werden können, ist fraglich. Das haben die gemeinnützigen Sozialverbände in Thüringen am Mittwoch (28. September) in einem Pressegespräch erläutert.
Christoph Stolte, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Mitteldeutschland: „Soziale Einrichtungen konnten sich auf die schnell steigenden Energiepreise gar nicht einstellen. Es gibt Haushaltsplanungen und die entsprechenden Verhandlungen mit den Kostenträgern. Pflegekassen, Kommunen und Länder müssen jetzt mit den sozialen Dienstleistern an den Verhandlungstisch und nicht die Probleme auf die lange Bank schieben.“ Die steigenden Kosten verschärfen zum Beispiel in der Pflege eine Entwicklung, auf die seit Jahren immer wieder hingewiesen wird. Während die Pflegeversicherung einen Kostendeckel enthält, steigt der Eigenanteil der Pflegebedürftigen weiter stetig an. Die Betroffenen sind immer häufiger auf Sozialhilfe angewiesen.
Wir erwarten einen massiven Anstieg bei den Beratungsfällen

Monika Funk, Caritasdirektorin im Bistum Erfurt: „In den Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen haben wir jetzt schon Wartezeiten von sechs Monaten. Wir befürchten einen massiven Anstieg bei den Beratungsfällen.“ Die Zahl der Haushalte, die in finanzielle Schwierigkeiten aufgrund der Inflation geraten, steigt, weshalb der ohnehin hohe Beratungsbedarf in den Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen sowie bei der Verbraucherzentrale durch eine entsprechende Aufstockung der Landesmittel aufgefangen werden muss. Die Aussetzung von Miet-Kündigungen seitens der Wohnungswirtschaft sowie die Aussetzung von Energiesperren durch die Energieunternehmen ist dringend geboten, um schwerwiegende existenzielle Folgen zu vermeiden.
Tino Grübel, Geschäftsführer der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen: „Wir arbeiten im Freistaat Thüringen mit am Runden Tisch gegen Energiearmut und sind mit Ministerien und Landtagsfraktionen im Gespräch. Wir brauchen für verbindliche Regelungen mehr Geschwindigkeit bei den Entscheidungen und vielleicht auch etwas Kreativität, um gute und hilfreiche Lösungen zu finden.“
zum Beitrag des MDR Thüringen Journals
Positionierung und Aktivitäten der LIGA
Die Kostensteigerungen beispielsweise bei Strom, Treibstoffen, Energieträgern sowie Lebensmitteln gefährden einen Großteil der Dienste, Einrichtungen und Angebote der sozialen Infrastruktur.
In der öffentlichen Diskussion werden die Auswirkungen auf Industrie und Wirtschaft intensiv diskutiert. Kaum Beachtung findet jedoch die besondere Situation der Freien Wohlfahrtspflege.
U.a. mit zwei Positionspapieren will die LIGA Thüringen den Blick auf die Dienste und Einrichtungen der sozialen Infrastruktur, aber auch auf die Bürger*innen des Freistaates Thüringen lenken. Die Positionspapiere werden regelmäßig aktualisiert und fortgeschrieben.
- Positionspapier des LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen e. V. „Den Auswirkungen der steigenden Energiepreise und der Inflation auf Privathaushalte rechtzeitig begegnen“
Teil I: Blick auf die Dienste und Einrichtungen der sozialen Infrastruktur - Positionspapier des LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen e. V. „Den Auswirkungen der steigenden Energiepreise und der Inflation auf Privathaushalte rechtzeitig begegnen“
Teil II: Blick auf die Bürger*innen des Freistaates Thüringen