Stellungnahme zum Beratungsgegenstand Achtes Gesetz zur Änderung des Thüringer Sinnesbehindertengeldgesetz (DS 7/7463)

Grundsätzlich anerkennen wir das Bemühen, die mit dem Sinnesbehindertengeld umfassten Nachteilsausgleiche für blinde, taubblinde und gehörlose Menschen anzupassen. So werden die Erhöhungen richtigerweise auch damit begründet, dass die behinderungsbedingten Mehraufwendungen infolge der Inflationsentwicklung gestiegen sind.

Das Gehörlosengeld in Thüringen beträgt seit Juli 2017, also seit fast 6 Jahren, unverändert 100 €, das Blindengeld seit Juli 2018, also seit immerhin 5 Jahren, unverändert 400 €. Das Taubblindengeld somit seit diesem Zeitraum 500 €.

Mit dem Gesetzentwurf wird angestrebt, das Blindengeld so zu erhöhen, dass es im bundesweiten Durchschnitt liegt. Diese Herangehensweise löst sich von den tatsächlichen Bedarfen von blinden Menschen, deren Blindengeld in Thüringen hinter den Erfordernissen schon lange zurückbleibt. Sie löst sich auch von den faktischen Entwicklungen und legt nicht die inflationsbedingten Kostensteigerungen zugrunde. Nach unserer Kenntnis beträgt die Inflationsentwicklung im Zeitraum 2018 bis einschl. 2023 18,55 %. Die Erhöhung des Blindengeldes käme diesem Betrag – zum Stand heute - nahe. Allerdings: Spätestens im kommenden Jahr spiegeln die 478 € nicht den realen Kostenanstieg wider.

Angesichts der derzeit rasanten Kostensteigerungen, die nicht noch mehr zu Lasten der Menschen mit Behinderungen gehen können, schlagen wir einen Mechanismus zur Anpassung vor: Entweder indem das Gesetz vorsieht, die Beträge zu einem Stichtag X jährlich auf Basis der Inflationsentwicklung „automatisch“ zu dynamisieren oder indem das Gesetz gestaffelte Erhöhungen für zwei Jahre verbindlich vorsieht.

Was die konkreten Bedarfe für eine höhere Anpassung der Nachteilsausgleiche anbelangt, verweisen wir auf die Einlassungen der Menschen mit Behinderungen im Vorfeld und in diesem Stellungnahmeverfahren. So legt zum Beispiel die gemeinsame Stellungnahme des Landesverbandes der Gehörlosen, des Gehörlosensportverbandes und der Biling e.V. eindrucksvoll die immense Bedeutung dieses Nachteilsausgleichs für gehörlose Menschen dar. Gleichzeitig wird deutlich, dass auch ein auf 136 € erhöhtes Gehörlosengeld bei Weitem nicht ausreichend ist. Insoweit halten wir – neben dem Ausgleich der inflationsbedingt gestiegenen Mehraufwendungen für den Nachteilsausgleich – auch eine grundsätzliche Anpassung des Gehörlosengeldes an die realen Bedarfe für erforderlich. Wir plädieren insofern für eine Anpassung des Gehörlosengeldes in Höhe der Anpassung des Blindengeldes.

Die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Sinnesbehinderung braucht einen fundierten finanziellen Sockel, der nicht durch die Inflationsentwicklung jährlich abgeschmolzen werden darf. Die bislang fünf bis sechsjährigen Laufzeiten des Sinnesbehindertengeldes erweisen sich für die Teilhabemöglichkeiten von blinden, gehörlosen und taubblinden Menschen als kontraproduktiv und sollten dringend in der o. g. Weise neu geregelt werden.

Als positive, zum BTHG folgerichtige, Klarstellung erachten wir den Hinweis zu § 2 Absatz 3, wonach anspruchsberechtigte Menschen mit Behinderungen, die in einer besonderen Wohnform leben, den vollen und nicht den reduzierten Anspruch auf Sinnesbehindertengeld geltend machen können.

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