Stellungnahme zum Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der CDU, der SPD und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN - Vorlage 7/2014

Die Neuaufnahme der im Änderungsantrag genannten Staatsziele in die Thüringer Verfassung und die geplanten Formulierungen begrüßen wir prinzipiell. Allerdings kann dies nur als ein erster Schritt zur Realisierung der damit verbundenen Vorhaben verstanden werden. Die Staatsziel-Aufnahme hat aus unserer Sicht daher zunächst eher symbolischen Charakter, den wir grundsätzlich unterstützen.

 

Allgemeine Anmerkungen

Mit der Neuaufnahme eines Staatszieles werden keine Maßnahmen oder Voraussetzungen zur Bewältigung der damit verbundenen Folgen und Herausforderungen geschaffen. Sie sind als symbolische Wegmarke und als Verpflichtung für staatliche Steuerung und alltägliches Verwaltungshandeln zu verstehen. Damit bekräftigt der Freistaat Thüringen die Bedeutung der Themen und macht sie zu einem Maßstab des eigenen Handelns respektive eines Leitbildes.

Aus Sicht der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen müssen im nächsten Schritt die neu aufgenommenen Staatsziele mit konkreten Maßnahmen und Strukturen untermauert und die Umsetzung überprüfbar gemacht werden.

Dies erfordert die Zuweisung der Umsetzungsverantwortung und damit die Benennung von Ansprechpersonen. Diese Maßnahmen und Möglichkeiten der Mitsprache und Gestaltung der Bürger*innen sind insbesondere deshalb notwendig, da Staatsziele nicht subjektiv einklagbar sind. Bei der Umsetzung des Staatsziels der Sicherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse kommt hinzu, dass der Abgleich der Voraussetzungen der Gebietskörperschaften auf administrativer Ebene nicht ausreichen wird. Vielmehr muss die tatsächliche Lebenswelt der Bürger*innen betrachtet werden.

Die Umsetzung dieser Staatsziele muss dabei sozialverträglich gestaltet werden. Die Kosten zur Berücksichtigung dieser Staatsziele darf zu keiner finanziellen Mehrbelastung oder Ausgrenzung führen, da dies die Akzeptanz der Bürger*innen gefährdet. Ein Beispiel hierfür können Mehrkosten für Eltern aufgrund des Einsatzes von nachhaltigen Lebensmitteln in Kinderbetreuungseinrichtungen sein.

 

Konkrete Anmerkungen zu den vorgesehenen Änderungen

Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen hat zur Neuaufnahme der Staatsziele „Nachhaltigkeit“, „Ehrenamtsförderung“, „Inklusion“, „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ und zur „Extremismusklausel“ ausführlich Stellung bezogen und konkrete Maßnahmen und Vorschläge zur Umsetzung unterbreitet. Auf diese verweisen wir für eine weiterführende und detaillierte Einschätzung unsererseits.

Eine detaillierte Rückmeldung möchten wir aber zu folgenden vorgesehenen Änderungen abgeben, da sie in der bisherigen Fassung so nicht enthalten war. Sie betrifft die Neuaufnahme des Staatszieles Inklusion. Der Wegfall des ersten Satzes, „Menschen mit Behinderung stehen unter dem be­sonderen Schutz des Freistaats.“ (im Vergleich zur aktuell geltenden Verfassung) ist nachvollziehbar. Der besonderen Fürsorge bedürfen Menschen mit Behinderungen nicht, vielmehr benötigen Menschen mit Behinderungen die „Förderung der Selbstbestimmung, umfassende Einbeziehung und gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft“, wie es auch im vorliegenden Änderungsantrag formuliert wird.

Diese Formulierung kompensiert auch den Wegfall des Hinweises aus der ersten Änderungsfassung im Hinblick auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (vgl. Drucksache 7/897, S. 5).

Der Wegfall der ursprünglich geplanten Änderung als neuen ersten Satz „Inklusion ist ein Menschenrecht (ebd.)“, ist hingegen nicht nachvollziehbar und wird von der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen nicht mitgetragen. Damit geht eine sehr aussagestarke Einordnung der Rechte von Menschen mit Behinderungen verloren.

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