Stellungnahme zum 1. Referentenentwurf „Thüringer Gesetz zur Ausführung des Prostituiertenschutzgesetzes" (ThürAGProstSchG)

Nach ca. 4 Jahren des Inkrafttretens des Prostituiertenschutzgesetzes begrüßen wir es ausdrücklich, dass Maßnahmen im Rahmen einer Ausführungsvorschrift zur Umsetzung des ProstSchG in Thüringen auf den Weg gebracht werden. Gleichzeitig schätzen wir den bisherigen Entwurf rund um die Beratungsleistungen als unzureichend und somit ergänzungsbedürftig ein.

Zu § 1 Abs. 1. des Entwurfs

Die Beratung von Prostituierten zu ihren Rechten, aber auch Pflichten setzt eine hohe Fachlichkeit und Sensibilität bei den Berater*innen voraus. Für diese Form der Beratung braucht es Rahmenbedingungen, die eine vertrauensvolle Beratungsatmosphäre gewährleisten. Aus dem Gesetzesentwurf geht nicht hervor, welche Voraussetzungen für dieses Beratungsangebot zugrunde liegen müssen. Spätesten in der dazugehörigen Verordnung zum Ausführungsgesetz müssen diese Details aus Sicht der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen geregelt werden. Es fehlen nach unserer Ansicht Standards wie: Qualifikationsanforderungen an Berater*innen, Zugänge zur Beratung (Gewährleistung von Anonymität etc.), Netzwerkarbeit, zielgruppenspezifische Öffentlichkeitsarbeit, Nutzung von Dolmetscher Diensten.

Neben den Aufgaben, die nun in die Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte fallen - wie Anmeldung, Änderung der Anmeldedaten, Verlängerung der Anmeldebescheinigung, gesundheitliche Beratung, Erlass von Anordnungen und Überwachung der Ausübung der Prostitution - unterstützt die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen nachdrücklich ein ergänzendes, unabhängiges Beratungsangebot für in der Prostitution tätige Personen. Will man Prostituierte besser schützen, muss auch die Möglichkeit einer freiwilligen, niedrigschwelligen Beratung sowie das Angebot einer anonymen Beratungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden. Durch ein solches Beratungsangebot können beispielsweise auch Unsicherheiten hinsichtlich des Anmeldeverfahrens nach dem Prostituiertenschutzgesetz abgebaut, psychosoziale Beratung in komplexen Problemlagen oder auch Unterstützung bei einer beruflichen Neuorientierung gegeben werden. Daher spricht sich die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen zudem für die Schaffung einer unabhängigen Beratungsstelle für Prostituierte aus. Nach jetzigen Kenntnisstand soll in Kürze eine entsprechende Fachberatungsstelle für Thüringen geschaffen werden. Funktion und Rolle dieser Beratungsstelle sollte insbesondere mit Blick auf die mit der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes betrauten kommunalen Strukturen in dem Ausführungsgesetz sowie in der dazugehörigen Verordnung näher definiert werden.

Darüber hinaus sehen wir es als dringend notwendig an, dass ein übergreifendes Fachgremium zum Thema Prostitution unter Federführung des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales, analog der Monitoring-Gruppe „Häusliche Gewalt“ im Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zum wechselseitigem Austausch weiter fortgeführt und im Ausführungsgesetz verankert wird.

Wir sprechen uns dafür aus, dass im Gesetz bzw. in der Verordnung die Evaluation zur Messung der Wirksamkeit des Gesetzes und deren Verordnung als zusätzlichen Paragraph ergänzt wird. Ein entsprechendes Controlling ist einzuführen.

Zu den Ausführungen in der Begründung zu § 1 Abs. 1. (Seite 12).

Die Aufzählung von konkreten Einrichtungen, an die im Bedarfsfall weitervermittelt werden kann, ist nicht abschließend zu betrachten. Wir schlagen daher vor, auf die konkrete Benennung von Beratungsdiensten zu verzichten und an dieser Stelle die für den jeweiligen Individualfall notwendige beiderseitige Kooperation von kommunalen Stellen und Beratungsangeboten in freier Trägerschaft zu verankern.

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