Stellungnahme zum Entwurf der Thüringer Verordnung über die Anerkennung und Förderung von Angeboten zur Unterstützung Pflegebedürftiger im Alltag (ThürAUPAVO)
von Peter Kießling
Nachfolgend gehen wir auf die aus unserer Sicht zentralen Punkte in der Entwurfsfassung ein und stellen unsere Hinweise und Anpassungsbedarfe diesbezüglich dar. Dies insbesondere mit Blick auf die praktische Umsetzung der Verordnung.
Zu § 2 Absatz 1 – Angebote zur Unterstützung Pflegebedürftiger im Alltag
Nicht nachvollziehbar ist, warum in der Aufzählung gemäß § 2 Absatz 1 des o.g. Verordnungsentwurfes die Familienentlastenden Dienste (FeD) / Familienunterstützenden Dienste (FuD) weggefallen sind. Die Erläuterung in der Begründung für den Wegfall ist fachlich in keiner Weise nachvollziehbar und ist letztlich ein ausgesprochen negatives Signal im Hinblick auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Sie ignoriert völlig die zentrale Bedeutung von FeD/FuD für die Unterstützung der Angehörigen von Menschen mit Behinderungen.
FeD/FuD bieten ein anderes Angebotsspektrum, als die in der Aufzählung anerkannten Angebote. Hier stehen Begleitung und Unterstützung von Menschen mit Behinderung und die damit verbundene Entlastung pflegender Angehöriger im Vordergrund, mit dieser Arbeit wird eine Überforderung der Angehörigen entgegengewirkt, um die Aufnahme der Menschen mit Behinderung in eine Wohneinrichtung / besondere Wohnform zu verhindern oder wenigstens zu verzögern. Auch Menschen mit einer schwerst-mehrfachen Behinderung, sowie mit körperlichen/seelischen Beeinträchtigungen, Pflegebedarfen und einer klassischen Zusatzbetreuung sollen dadurch mehr Autonomie und Selbstständigkeit außerhalb des Elternhauses erfahren.
Daher erwarten wir, dass die Auflistung dahingehend insofern erweitert wird, dass gemäß § 45a Absatz 1 Satz 3, Absatz 3 Satz 1 SGB XI FeD/FuD ebenso als Angebote anerkannt werden.
Zu §2 Absatz 5 – Angebote zur Unterstützung Pflegebedürftiger im Alltag
Das Angebot zur Unterstützung Pflegebedürftiger im Alltag sollte durch geeignetstes Personal erbracht werden. Hierbei ist auch auf die Unterstützung von ehrenamtlichen Mitarbeitenden zurückzugreifen.
Zu § 3 Absatz 5 Nr. 2 – Voraussetzung der Anerkennung
Die Anerkennung setzt voraus, dass gemäß § 3 Absatz 5 Nr. 2, erhobene Entgelte angemessen sind. Wir begrüßen, dass der feste Pauschalbetrag im vorliegenden Verordnungsentwurf entfallen und durch eine Kostenkalkulation ersetzt werden soll.
Der Begründung zufolge sind als Richtwert für 2023 entsprechend 32,50 Euro, sowie eine jährliche Steigerung um 1,5 Prozent als angemessen zu betrachten. Wir gehen demgegenüber davon aus, das alle entstehenden, nachvollziehbar nachweisbaren und sachgerechten Kosten kalkuliert werden müssen und mit der Anerkennungsbehörde (TLVwA, Referat 630) insoweit angemessene Beträge zu verhandeln sind. Zudem bleibt vage, welche Kostenpositionen in eine Kalkulation einfließen können.
Aus unserer Sicht entsteht durch den Richtwert in der Begründung erneut eine Deckelung des Einzelstundenpreises. Dies widerspricht der Verordnung sowie der Intention des § 3 Absatz 5 Nr. 2 und auch den bereits zugearbeiteten Forderungen der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege.
Zu § 6 Absatz 1-3 – Anforderung an die zielgruppen- und tätigkeitsgerechten Qualifikation
Die Schulungsumfänge von 30 bzw. 160 Stunden sind unverändert in der Verordnung geblieben. Diese Anforderungen sind schlicht zu hochschwellig und hinderlich, insbesondere für Beschäftigte, die sich in einem geringeren zeitlichen Umgang engagieren möchten. Wir haben uns bereits für eine vorbereitende Schulung von 8 Stunden, plus eine individuelle Einarbeitung ausgesprochen. Daran halten wir weiterhin fest.
Die Leistung soll darüber hinaus primär durch Ehrenamtliche, aber auch durch Hauptamtliche erbracht werden – die/der Nutzer*in / Klient*in zahlt dafür jeweils den gleichen Preis und wird daher gleiche Qualitätsansprüche haben. Die Diskrepanz zwischen der Schulungsanforderung von 30 Stunden für Ehrenamtliche und 160 Stunden für Hauptamtliche ist daher inhaltlich ebenso nicht nachvollziehbar.
Darüber hinaus ist an keiner Stelle der genau geforderte Inhalt der Schulungen normiert. Unserer Ansicht nach könnten aber konkrete Inhalte diese zeitliche Komponente aushebeln und somit die Schulungen für Träger vereinfachen.
Für die Kalkulation gehen wir davon aus, dass sich der erhebliche verpflichtende Schulungsaufwand in den Kostensätzen widerspiegelt.
Die LIGA Thüringen wird sich auch weiterhin an der Weiterentwicklung der Angebotsstruktur im Freistaat Thüringen konstruktiv beteiligen und steht für einen partnerschaftlichen und fachlichen Dialog mit dem Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie gern zur Verfügung.