Stellungnahme zum Entwurf der „Fachlichen Empfehlungen Schulsozialarbeit“ 2022

Mit Beschluss Nr. 49/21 vom 14. Juni 2021 wurde im Landesjugendhilfeausschuss die Überarbeitung der fachlichen Empfehlungen „Schulbezogene Jugendsozialarbeit" und die Einrichtung einer Arbeitsgruppe beschlossen.

Zu dem entsprechenden Entwurf hat die LIGA Thüringen im Vorfeld der abschließenden Befassung eine Stellungnahme erarbeitet und dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport zugearbeitet.

Die fachlichen Empfehlungen sollen in der LJHA-Sitzung am 7. März 2022 behandelt werden.

Zu Punkt 1. Verständnis der Schulsozialarbeit – Definition

Aus Sicht der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen muss die Formulierung "Schulsozialarbeit ist einerseits Teil der Jugendhilfeplanung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte in Thüringen) und andererseits Teil des Schulentwicklungsprogrammes der jeweiligen Schule" (S. 2) präzisiert werden. Es wird nicht deutlich, welche Auswirkungen die Festschreibung, dass Schulsozialarbeit Teil des Schulentwicklungsprogrammes der jeweiligen Schule ist, hat. Insofern darunter zu verstehen ist, dass Schulsozialarbeit im Schulprofil oder Schulkonzept festgeschrieben werden soll, muss dies den Schulen gegenüber kommuniziert werden.

In der im Anschluss folgenden Aufzählung von Schularten sind die Förderschulen / Förderzentren zu ergänzen.

Zu Punkt 2. Ziele

Die Formulierung „[…] unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen“ (S. 3) schließt Personengruppen aus. Gendersensible Formulierungen sind unbedingt zu berücksichtigen. Die LIGA Thüringen schlägt folgende Formulierung vor:

„Schulsozialarbeit unterstützt die Förderung der individuellen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unter Berücksichtigung von genderspezifischen Lebenslagen.“

Die vorliegende Formulierung „Schulsozialarbeit berät Lehrkräfte und Eltern, indem die sozialpädagogische Sicht- und Handlungsweise in die Schule eingebracht und somit eine Verbesserung der Brückenfunktion zwischen den Sozialisationsinstanzen Jugendhilfe, Schule und Familie sowie ein lernförderliches Schulklima erreicht wird“ (S. 3) ist zu präzisieren. Es wird nicht deutlich, inwieweit Eltern und Lehrkräfte beraten werden, indem eine sozialpädagogische Sichtweise in Schule eingebracht wird. Auch sollten die pädagogischen Mitarbeitenden der Horte von diesem Beratungsangebot nicht ausgeschlossen werden.

Zu Punkt 3. Zielgruppen

„Das Angebot der Schulsozialarbeit richtet sich an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, im Folgenden junge Menschen genannt, die vor besondere Herausforderungen gestellt sind“ (S. 4).

Das Angebot der Schulsozialarbeit muss grundsätzlich allen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zur Verfügung stehen. Das Vorliegen einer „besonderen Herausforderung“ steht im Widerspruch zu Punkt 5.2. Arbeit mit Schülergruppen. Unter diesem Punkt steht das Angebot der Schulsozialarbeit allen Schüler*innen offen.

Zu Punkt 4. Handlungsmaxime - Grundsatz der aktiven Ansprache

„Dies kann bspw. durch Präsenz und Angebote während der (Hof)Pausen sowie regelmäßige Besuche und Vorstellungen in den Klassen geschehen“ (S. 6).

Es muss konkretisiert werden, welche Aufgaben eine "Präsenz […] während der (Hof)Pausen" umfasst und welche Tätigkeiten davon ausgeschlossen sind. Andernfalls besteht die Möglichkeit, dass Schulsozialarbeiter*innen die Hofaufsicht übertragen wird und sie damit dem eigentlichen Auftrag der Schulsozialarbeit nicht nachkommen können.

Zu Punkt 5.1 Arbeit mit einzelnen jungen Menschen

Der Aspekt der niedrigschwelligen Ausgestaltung der Beratungs- und Informationsangebote muss hervorgehoben werden.

Zu Punkt 5.2 Arbeit mit Schülergruppen - Durchführung von Ferienangeboten

Die LIGA Thüringen begrüßt die Aufnahme dieses Tätigkeitsfeldes. Es bedarf allerdings insofern einer Konkretisierung, ob dieses Angebot auch in Kooperation mit dem Hort durchgeführt werden kann und welcher Zielgruppe das Angebot offen steht. Darüber hinaus sind zur Umsetzung ausreichend Sachmittel zur Verfügung zu stellen.

Zu Punkt 5.3 Krisenintervention

Die Meldung von Kindeswohlgefährdungen an das Jugendamt muss unter diesem Punkt ergänzt werden.

Zu Punkt 5.6 Zusammenarbeit mit Partnern in der Bildungslandschaft

Die Koordinierung und Abstimmung sowie die Abgrenzung mit beziehungsweise zu ESF-Projekten (z.B. Schulverweigerer-Projekten, BeriBs, Teamteaching) muss ergänzt werden.

Zu Punkt 7.2. Örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe

Aus Sicht der LIGA Thüringen sind die Ergänzungen in diesem Abschnitt missverständlich formuliert. Zunächst wird auf Seite 16 festgehalten, dass grundsätzlich eine Personalausstattung mit mindestens 0,75 VBE empfohlen wird. Durch die Formulierung im darauffolgenden Absatz entsteht der Eindruck, dass diese Vorgabe auf Schulen mit besonderem Belastungsfaktor begrenzt wird und nicht als Mindestvoraussetzung der Personalausstattung hinsichtlich der sozialen Lage der Schule beim Einsatz einer Fachkraft an mehreren Schulen zu verstehen ist. Die LIGA Thüringen schlägt daher vor, die ursprüngliche Formulierung zu bewahren und besondere Belastungsfaktoren zusätzlich zu würdigen. Gänzlich unerwähnt bleibt die Notwendigkeit, dass den Kommunen entsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen.

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