2020-04-15 Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

von Peter Kießling

Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen e.V. bewertet die mit dem vorgelegten Referentenentwurf konkretisierten Pläne zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens überwiegend positiv.

Die reguläre Verfahrensdauer von drei Jahren zur Erlangung der Restschuldbefreiung gibt Betroffenen eine echte „zweite Chance“ auf einen Neubeginn ohne demotivierende Schulden, weil sie innerhalb eines angemessenen, überschaubaren Zeitraums zu erlangen sein wird. Die bisherige Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von regulär sechs Jahren hat Betroffene von einer Inanspruchnahme dieser Entschuldungsmöglichkeit vielfach abgeschreckt.

Positiv zu bewerten ist auch, dass der Übergang zum neuen Recht allmählich vollzogen werden soll, anstatt die Verkürzung der Verfahrensdauer im Juli 2022 ‚von heute auf morgen‘ eintreten zu lassen. Die monatsweise Verkürzung in einem seit 17. Dezember 2019 laufenden Übergangszeitraum erscheint als ein geeigneter Mechanismus, diesen Übergang zu gewährleisten. Dieser Übergang wird von der sozialen Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung Thüringens ausdrücklich begrüßt, weil er eine kaum beherrschbare Nachfragesteigerung nach Verbraucherinsolvenzberatung ab 2022 vermeiden würde. Gleichzeitig würde die Übergangsregelung die Motivation Betroffener zu einer möglichst frühzeitigen Antragstellung zunehmend erleichtern, weil die der Übergang eine merkliche Verkürzung der Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens bewirkt.

Der Ablehnung unterliegt dagegen die geplante Regelung zur Verlängerung der Sperrfrist für einen abermaligen Antrag auf Restschuldbefreiung von 10 auf 13 Jahren. Sie steht im Widerspruch zu den zutreffenden Ausführungen auf Seite 12 des Entwurfs, wonach der überwiegende Teil der Überschuldung von Privatpersonen auf nicht vorhersehbare und schwer vermeidbare Ereignisse wie Scheidung, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder -unfähigkeit zurückzuführen ist. Daher kann nicht hingenommen werden, dass sich diese alltäglichen Überschuldungsrisiken in einer noch längeren Sperrfrist äußern sollen.

Grundsätzlich zu billigen ist dagegen die geplante Regelung, dass Auskunfteien die gespeicherten Informationen über Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiungsverfahren einer natürlichen Person binnen eines Jahres nach Rechtskraft der Entscheidung (taggenau) zu löschen haben. Die bisherige Praxis der Auskunfteien, solche Informationen regelmäßig erst am Ende des 3. Kalenderjahres zu löschen, das dem Jahr der Eintragung folgt, hat das Ziel der Restschuldbefreiung auf eine „zweite Chance“ beeinträchtigt. Sie haben sich vielfach in Schwierigkeiten beim Abschluss von existentiell notwendigen Verträgen wie etwa Wohnraummietverträgen bzw. Energielieferverträgen geäußert, die mit der geplanten Änderung zwar nicht beseitigt, aber zumindest zeitlich begrenzt werden. Fraglich bleibt die Notwendigkeit der Speicherung solcher Informationen dennoch. Denn der überwiegende Teil der Überschuldung von Privatpersonen beruht auf nicht vorhersehbaren und schwer vermeidbaren Ereignissen, vgl. oben. Die frühere Überschuldung aus solchen Gründen ist kein Makel des Betroffenen, welches im Wirtschaftsleben Bedeutung haben darf.

Für gut befunden wird zudem die geplante Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung. Es ist nicht einzusehen, dass der Insolvenzverwalter/Treuhänder an einer zweckgebundenen Zuwendung partizipiert, bezüglich der er eine überschaubare Tätigkeit (Entgegennahme, Verteilung) entfaltet hat.

Abschließend möchte die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Thüringen e.V. ihrer Erwartung Ausdruck geben, dass das Gesetzgebungsvorhaben alsbald eingeleitet und auch abgeschlossen wird, damit Ratsuchende in Bezug auf die zu erwartende Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens Klarheit gewinnen können und die Thüringer Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen unter stabilen rechtlichen Rahmenbedingungen Betroffene beraten können.

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