Bisher durchgeführte Veranstaltungen

Im Rahmen des Projektauftrages führten wir fünf Infotage (Fachtage zu selbstgewählten Themen) gemeinsam mit Menschen mit Beeinträchtigung sowie zwei Fachtage für am Projekt interessierte Personen durch. Bei diesen zuletzt genannten Fachtagen wurde der jeweilige Zwischenstand des Projektes den Vertreter*innen und Nutzer*innen der Leistungserbringer, den Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung sowie Studierenden der Sozialen Arbeit und weiteren Interessierten vorgestellt. Diese Fachtage wurden inklusiv umgesetzt.

Erster Infotag: „Teilhabe / Partizipation“

Das Thema der ersten Veranstaltung im März 2018 war „Teilhabe / Partizipation“. Ziel war es, einen ersten Kontakt zwischen den teilnehmenden Menschen mit Beeinträchtigung(en) herzustellen, die Meinung und das Wissen der Expert*innen in eigener Sache zum Thema Teilhabe zu erfahren und die Themen der kommenden vier Fachtage zu planen. Um die Beteiligung aller Interessierten zu ermöglichen, nutzen wir für Veranstaltungen grundsätzlich barrierefreie Räumlichkeiten, fragen die Teilnehmenden bei Ihrer Anmeldung nach weiterem Unterstützungsbedarf und bieten durch Leichte Sprache möglichst barrierefreie Informationen.

Zum Einstieg des ersten Infotages erklärte der Referent Stefan Göthling von „Mensch zuerst - Netzwerk People First Deutschland e.V.“ seine Sicht zum Thema Teilhabe bzw. Selbstbestimmung und forderte die Teilnehmenden auf, ihr Recht auf Partizipation wahrzunehmen und selbst aktiv Teilhabe zu praktizieren. In den anschließenden Arbeitsgruppen wurde das Thema unter verschiedenen Aspekten betrachtet und genau untersucht, in welchen Bereichen, Situationen und in welcher Form Teilhabe für die Teilnehmer*innen wichtig ist und welche Bedingungen förderlich oder hinderlich sind, um an der Gesellschaft teilzuhaben.

Stefan Göthling von „Mensch zuerst / People First“ hält einen Vortrag beim ersten Infotag mit Menschen mit Beeinträchtigung
Stefan Göthling von „Mensch zuerst / People First“ hält einen Vortrag beim ersten Infotag mit Menschen mit Beeinträchtigung
Zweiter Infotag: „Wohnen“

Die Inhalte der Veranstaltung wurden durch Ideen und Anregungen der Menschen mit Beeinträchtigung(en) des ersten Fachtages festgelegt. Die Betrachtung der unterschiedlichen Wohnmöglichkeiten von Menschen mit Beeinträchtigung(en) und der Austausch mit Entscheidern und verantwortlichen Personen, war den Teilnehmenden wichtig. Das Ehepaar Stolz, Experten in eigener Sache, berichtete von ihrer Wohnsituation und ihrem Alltag und führte so zum Thema „Wohnen“ hin. Sie leben seit Jahrzehnten selbstbestimmt in einer eigenen Wohnung und werden dabei von Assistent*innen unterstützt. Während einer Workshop-Phase wurden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Wohnmöglichkeiten erarbeitet und diskutiert. Im Anschluss brachte ein Künstler die Vorstellungen und Anforderungen der Teilnehmenden zur eigenen „Traumwohnung“ aufs Papier. Den Abschluss der Veranstaltung bot eine Podiumsdiskussion der Menschen mit Beeinträchtigung(en) mit der Leiterin eines gesetzlichen Betreuungsvereins, der Amtsleitung des Amtes für Soziales und Gesundheit Erfurt und dem Geschäftsführer und der Leiterin eines Kundenbüros einer kommunalen Wohnungsgesellschaft.

Elisabeth und Wolfgang Stolz leben selbstbestimmt mit Assistenz in einer eigenen Wohnung und berichten von ihrem selbstbestimmten Wohnen beim zweiten Infotag
Elisabeth und Wolfgang Stolz leben selbstbestimmt mit Assistenz in einer eigenen Wohnung und berichten von ihrem selbstbestimmten Wohnen beim zweiten Infotag
Dritter Infotag: „Arbeit“

Die Menschen mit Beeinträchtigungen hatten bei der gemeinsamen Projektplanung zu Beginn des Projektes auch das Ziel, sich mit dem Bereich „Arbeit“ auseinanderzusetzen. Sie wollten wissen, welche Möglichkeiten der Arbeit und der verbundenen Beteiligung es gibt, da viele der am Projekt beteiligten Menschen mit Beeinträchtigung bisher lediglich den Arbeitsalltag in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung kennen.

Folglich befasste sich der dritte Infotag, der am 30. November 2018 stattfand, mit dem Thema „Arbeit“. Es beteiligten sich wieder Nutzer*innen des Bodelschwingh-Hofes Mechterstädt, des Lebenshilfe-Werkes Weimar / Apolda e.V. und des CJD Erfurt. Die Besucher*innen des Infotages tauschten sich darüber aus, wie und wo sie arbeiten möchten, wie sie derzeit arbeiten, was ihnen bei dieser Arbeit gefällt oder nicht, was Teilhabe und Partizipation dabei fördert oder begrenzt und stellten in Diskussionsrunden ihre Fragen. Viele Teilnehmenden wünschen sich eine größere Wertschätzung ihrer Tätigkeiten, ein besseres Gehalt oder intensivere Förderung. Einen fachlich-inhaltlichen Input erhielten sie von Peter Marx, einem Experten, der sowohl auf dem ersten Arbeitsmarkt wie auch in einer Werkstatt gearbeitet hat und u.a. Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte in Sachsen-Anhalt ist.

Highlight der Veranstaltung waren eine humorvolle Improvisations-Theateraufführung, die Alltagssituationen der Teilnehmenden unter deren Einbeziehung nachstellte, sowie die anschaulichen Zeichnungen eines Profi-Zeichners, der die Ideen und Anforderungen rund um das Thema „Arbeit und Arbeitsplatz“ festhielt.

Lachende Zuschauende beim Theaterstück während des dritten Infotages
Lachende Zuschauende beim Theaterstück während des dritten Infotages
Fachtag für alle Interessierten „Wie macht man Teilhabe? – Inklusion durch Umbau der Angebote gemeinsam verwirklichen“

Am 16. November 2018 fand der erste Fachtag zur Präsentationen von Zwischenergebnissen des Projektes in der Fachhochschule Erfurt statt. An diesem Tag kamen rund 110 Interessierte, überwiegend Vertreter*Innen von Einrichtungen und Diensten für Menschen mit Beeinträchtigungen, , um mehr über die Entwicklungen und ersten Ergebnisse der Projektumsetzung zu erfahren.

Querdenker Andreas Oechsner vom Zentrum für Kompetenzen aus Wien begeisterte das Publikum mit seiner Einführung in das Thema „Personenzentrierung und selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung“. Dabei verwies er auf humorvolle Art auf die Bedeutung der Haltungsänderung aller und die Bedeutung der Inklusion.

Vertreter*Innen der am Projekt beteiligten Träger diskutierten gemeinsam mit dem Fördermittelgeber, der Aktion Mensch Stiftung, weiteren Projektpartnern und den Teilnehmer*innen der Veranstaltung über die verschiedenen Herausforderungen in der Projektumsetzung und Ambulantisierung. Die Themen reichten von der Organisations- und Personalentwicklung über den Umgang mit Fördermitteln, die Besonderheiten bei Evaluationsmaßnahmen mit Menschen mit Beeinträchtigung bis hin zum Thema Teilhabe. Neben den wertvollen Ergebnissen dieser Diskussionen machten der gegenseitige Austausch von Leistungsträgern und Leistungserbringern sowie die eindrücklichen Ausführungen von Andreas Oechsner um die Bedeutung der personenzentrierten Ausrichtung von Unterstützungsangeboten die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg.

Andreas Oechsner erklärt den Fachkräften beim ersten Fachtag, wie wichtig eine Änderung der Haltung aller ist
Andreas Oechsner erklärt den Fachkräften beim ersten Fachtag, wie wichtig eine Änderung der Haltung aller ist
Vierter Infotag: „politische Teilhabe“

Der vierte Infotag zum Thema „ politische Teilhabe“ fand am 22.Juni 2019 statt. Passend zum Thema wurde er im Rahmen des Tages der Offenen Tür im Thüringer Landtags in Erfurt durchgeführt. Ziel der Veranstaltung war der Austausch zwischen den am Projekt beteiligten Menschen mit Beeinträchtigungen und politischen Entscheidungsträgerinnen. Es beteiligten sich die Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Heike Werner, und die sozialpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen des Landtags (SPD, CDU, DIE LINKE und Bündnis 90 / die Grünen). In dieser lockeren „Talk-Runde“ saßen die Politikerinnen gemeinsam mit zwei Menschen mit Beeinträchtigung aus den Modeleinrichtungen sowie dem Moderator auf dem Podium und diskutierten zusammen mit allen Teilnehmenden aus dem Publikum. Die Menschen mit Beeinträchtigung erarbeiteten im Vorfeld der Veranstaltung gemeinsam mit den Projektmitarbeitenden Fragen, die anschließend in einem Fragenkatalog gebündelt wurden. Während der Veranstaltung machten die Teilnehmenden rege von der Möglichkeit Gebrauch, Fragen aus dem Fragenkatalog wie auch weitere Fragen einzubringen. So kam es zu einem lebendigen Austausch auf Augenhöhe und die am Projekt beteiligten Menschen nutzten die Gelegenheit, ihre Sorgen, Forderungen und Bedürfnissen gegenüber den Politikerinnen zu äußern, die maßgeblich an der Gestaltung der (zukünftigen) Rahmenbedingungen der Eingliederungshilfe mitwirken. Im Laufe der Diskussion wurde unter anderem deutlich, dass Menschen mit Beeinträchtigung mehr in Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden müssen und dass Entscheidungen der Politik transparent und zugänglich gemacht werden müssen – zum Beispiel durch Leichte Sprache. Die Politikerinnen forderten die Teilnehmenden der Veranstaltung ihrerseits auf, sich für ihre Interessen und Bedürfnisse einzusetzen und sich nicht vorschnell mit Sachverhalten zufrieden zu geben.

Die Landtagspräsidentin Frau Birgit Diezel beendete die Diskussionsrunde mit einem kurzen Impuls zur Bedeutung der politischen Teilhabe. Im Anschluss folgten eine Evaluation und eine Führung in Leichter Sprache durch den Landtag. Nach dem Infotag konnten die Teilnehmenden die weiteren Attraktionen und Programme des Tages der Offenen Tür nutzen. Die Veranstaltung und das gewählte Format überzeugten durch die Möglichkeit der Begegnung und des Kennenlernens der Lebenswelten aller Beteiligten. Die Rückmeldung aller Beteiligten waren durchweg positiv.

Graphic Recording zum Herunterladen

2. Fachtag für alle Interessierten „Wie macht man Teilhabe? – Inklusion durch Umbau der Angebote gemeinsam verwirklichen“
Ein Blick ins Publikum, hier bei dem Vortrag „Das nehme ich selbst in die Hand!“ von Rainer Schmidt, Referent, Kabarettist und Paralympics Sieger
Ein Blick ins Publikum, hier bei dem Vortrag „Das nehme ich selbst in die Hand!“ von Rainer Schmidt, Referent, Kabarettist und Paralympics Sieger

Am 5. November 2019 fand der zweite Fachtag zur Präsentationen bisheriger Ergebnisse des Projektes an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena statt und wurde gemeinsam mit Professor Dr. Michael Opielka, welcher die wissenschaftliche Auswertung des Projektes verantwortet, durchgeführt. Rund 140 Interessierte, überwiegend Vertreter*Innen und Nutzer*innen von Diensten für Menschen mit Beeinträchtigungen kamen, um gemeinsam Projektschwerpunkte und deren Umsetzung in der Praxis zu diskutieren.

Die Projektergebnisse zur personenzentrierten und teilhabeorientierten Leistungserbringung gewinnen durch den Thüringer Landesrahmenvertrag, der darin beschriebenen Personenzentrierten Komplexleistung und das Inkrafttreten der nächsten Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes ab 2020 weiter an Bedeutung.

Da Teilhabe und Mitbestimmung zentrale Themen des Projektes sind, wurde auch diese Veranstaltung inklusiv ausgerichtet. Um den Zugang zu Informationen zu erleichtern, wurde neben den klassischen Aspekten der Barrierefreiheit auch auf eine Simultanübersetzung in Leichte Sprache und somit barrierefreie Informationen wert gelegt. Während der Veranstaltung wurden verschiedene Best-Practice-Beispiele der Modellträger aus dem Bereich der Teilhabe und Mitbestimmung an Unternehmensentwicklungen in Arbeitsgruppen diskutiert. Außerdem wurden Ergebnisse der Personal- und Unternehmensentwicklung mit der Personenzentrierten Komplexleistung verknüpft und so die Leistungsform der Zukunft in Thüringen konkretisiert.

Neben den humorvollen und zugleich nachdenklich stimmenden Ausführungen des Kabarettisten Rainer Schmidt zum Thema Teilhabe, machten die vielfältigen Möglichkeiten, sich selbst einzubringen und die Ergebnisse der Diskussionen die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg. Die inklusive Ausrichtung ermöglichte es, die Themen aus Perspektive der Leistungsberechtigten und -erbringer zu beleuchten. Diese Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven war der erhoffte Lohn dafür, diese Fachveranstaltung inklusiv auszurichten. Dies liegt natürlich auch an der Bereitschaft aller Teilnehmenden, die Fähigkeiten jedes Einzelnen zu berücksichtigen.

Dokumentation zum 2. LIGA Fachtag "Wie macht man Teilhabe"

Doku 2. FT LIGA-Wie macht man Teilhabe_web_20200224.pdf (8,6 MiB)

Fünfter Infotag: „Freizeit“
Edith Handschuh, die Vorsitzende des Thüringer Landesverbands Psychiatrie-Erfahrener, stellt verschiedene Freizeitmöglichkeiten vor - wie z.B. das Ehrenamt
Edith Handschuh, die Vorsitzende des Thüringer Landesverbands Psychiatrie-Erfahrener, stellt verschiedene Freizeitmöglichkeiten vor - wie z.B. das Ehrenamt

Der fünfte Infotag zum Thema „Freizeit“ fand am 13.September 2019 an der Fachhochschule Erfurt statt.

Ziel der Veranstaltung war es, zu erfahren, wie die Teilhabe der Teilnehmenden im Bereich Freizeit gestärkt werden kann. Dabei war es besonders wichtig, zu erfahren, was dabei hilft, Freizeit möglichst eigenständig und selbstbestimmt im Sozialraum zu gestalten, welche Formen von Freizeitaktivitäten die am Projekt beteiligten Menschen bereits nutzen, ob sie diese gemeinsam mit einem Träger oder mit anderen Anbietern ausführen und welche Angebote fehlen. Außerdem war wichtig, Freizeitmöglichkeiten vorzustellen, die wenig oder nichts kosten.

Edith Handschuh, Vorstandsvorsitzende des Thüringer Landesverbands Psychiatrie-Erfahrener, stellte verschiedene Freizeitmöglichkeiten vor. Dabei war ihr besonders wichtig, günstige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zu präsentieren, die der eigenen Gesundheit gut tun. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten waren ihr ein wichtiges Anliegen. So kam es zu einem lebendigen Austausch zwischen Referentin und Teilnehmenden und die am Projekt beteiligten Menschen nutzten die Gelegenheit, ihre Freizeitbedürfnisse und Ideen für mehr Teilhabe in diesem Bereich zu äußern. Im Foyer wurde dann „kurz nachgefragt“, welcher Freizeitbeschäftigung die Teilnehmenden bisher nachgehen und wo und ob allein oder mit anderen, ob sie ein Ehrenamt ausüben oder in einem Verein aktiv sein möchten. So ergab sich ein Meinungsbild der Teilnehmenden und der Anforderungen zur Teilhabe in diesem Bereich.

Außerdem gab es wieder eine Improvisationstheatergruppe, die sich diesmal mit dem Thema „Freizeit“ beschäftigte. Um die Inhalte der Veranstaltung und damit die Wünsche und Bedürfnisse der Teilnehmer*innen beim Thema Freizeit festzuhalten und verständlicher aufzubereiten, war wieder ein Graphic-Recorder (Profi-Zeichner) dabei.

Es gab Zeit zum Austausch und zur Diskussion in kleinen Arbeitsgruppen rund um das Thema Freizeit und Freizeitangebote unter den Teilnehmenden. Auch hier spielte die Finanzierbarkeit der Angebote, der Mehrwert für die eigene Gesundheit aber auch die Erreichbarkeit mit Bus und Bahn eine wichtige Rolle.

Im Anschluss galt es wieder einen Fragebogen zum Ablauf und den Inhalten des Infotages auszufüllen, welcher vom ISÖ – Institut für Sozialökologie ausgewertet wird. Die Rückmeldung aller Beteiligten waren sehr positiv.